Mastodon für Bundestagskandidat:innen

Die Bundestagswahl 2025 steht – früher als erwartet – vor der Tür und mit ihr viele alte und neue Bundestagskandidat:innen vor der Frage: Wie nutze ich Social Media in meinem Wahlkampf?

Warum ich glaube, dass diese Frage wichtig ist und warum Mastodon (bzw. das Fediverse, dazu später mehr) ein Teil der Antwort sein sollte, habe ich bereits in einem anderen Artikel ausgeführt. Die absoluten Nutzerzahlen von Mastodon mögen zwar kleiner sein als auf den anderen Plattformen, aber – gerade wenn ihr für eine linke, grüne Politik steht – es ist durchaus möglich, auf Mastodon als Politiker erfolgreich zu sein, mit aktiven Followern und einem beachtlichen Mobilisierungspotential für euren Wahlkampf.

Mit diesem Artikel möchte ich allen Bundestagsabgeordneten und solchen, die es gerne werden wollen, den Einstieg in das Fediverse erleichtern. Ich möchte Tipps geben, wie man einen erfolgreichen Fediverse-Account aufbaut, welche Unterschiede zu anderen Social-Media-Plattformen zu beachten sind und das alles mit konkreten Tipps für Politiker:innen anreichern.

Inhalt

Dies ist ein lebendes Dokument, d.h. ich werde es immer wieder aktualisieren und neue Erkenntnisse und Feedback einfließen lassen.

Die richtige Instanz

Das Fediverse ist nicht eine einzige Social-Media-Plattform, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Softwarelösungen (Mastodon ist eine davon) und Instanzen dieser Softwarelösungen, die durch ein gemeinsames Protokoll verbunden sind: ActivityPub. Durch das gemeinsame Protokoll können die Benutzer miteinander interagieren, unabhängig davon, auf welcher Instanz sie sich befinden. Ein vergleichbares System gibt es z.B. bei E-Mail, wo es ebenfalls eine Vielzahl miteinander kompatibler Anbieter gibt und man auch seinen eigenen E-Mail-Server betreiben kann.

Wer neu im Fediverse ist, steht gleich vor der ersten Herausforderung: Auf welcher Instanz soll ich meinen Account anlegen?

Für Bundestagskandidat:innen lässt sich diese Frage glücklicherweise relativ einfach beantworten, denn für die meisten Parteien gibt es eigene Instanzen:

Partei Instanz
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN https://gruene.social
Die Linke https://linke.social
SPD https://spd.social
FREIE WÄHLER https://freiewaehler.social
Piratenpartei https://piratenpartei.social

Das heißt nicht, dass diese Instanzen die einzig richtigen sind, aber für alle Kandidat:innen, die nicht sowieso schon wissen, wohin sie wollen, sind sie eine sehr gute Wahl. Da bis auf piratenpartei.social alle aufgeführten Instanzen auf Mastodon setzen, werde ich im Folgenden nur noch auf Mastodon eingehen. Alle diese Instanzen können aber auch mit Instanzen interagieren, die eine andere Software verwenden.

Erste Schritte

Die ersten Schritte nach der Registrierung unterscheiden sich nicht wesentlich von anderen Social Media Plattformen: Profilbild auswählen, (optional) Banner setzen, Biographie ausfüllen.

Mastodon kann über den Webbrowser oder über eine mobile App genutzt werden. Neben der offiziellen App gibt es eine Vielzahl von Alternativen, aus denen man wählen kann. Aber das ist eine Entscheidung, die man natürlich jederzeit ändern kann. Es kann sich durchaus lohnen, ein paar Anwendungen auszuprobieren, bis man die beste für sich gefunden hat.

Wichtige Einstellungen

Mastodon ist eine datenschutzfreundliche Plattform, die von vielen Nutzern gerade wegen ihrer kleinen, gemütlichen Communities geschätzt wird. Wer jedoch auf mehr Reichweite aus ist, sollte darauf achten, dass die Reichweiteneinstellungen (Öffentliches Profil > Datenschutz und Reichweite) richtig gesetzt sind. Die folgenden vier Einstellungen sollten aktiviert sein:

  • Profil und Beiträge in Suchalgorithmen berücksichtigen
  • Neue Follower automatisch akzeptieren
  • Öffentliche Beiträge in die Suchergebnisse einbeziehen
  • Profilseite in Suchmaschinen einbeziehen
Screenshot der "Datenschutz und Reichweite"-Einstellungen

Für maximale Reichweite sollten die Optionen für Reichweite und Suche aktiviert werden.

Außerdem ist es – insbesondere bei politisch exponierten Accounts – immer sinnvoll, die Multi-Faktor-Authentisierung zu aktivieren. Das geht in den Einstellungen unter Konto > Zwei-Faktor-Authentisierung.

Der erste Post

Wenn das erledigt ist, können wir uns an einen ersten Post wagen: Ein #introduction (und ggf. #NeuHier) Post ist eine gute Gelegenheit für eine etwas ausführlichere Vorstellung als in der Biografie und gibt dem neuen Account gleichzeitig gleich ein wenig Sichtbarkeit. Auch für diejenigen, die schon etwas länger auf Mastodon sind und schon einen #introduction Post gemacht haben: Eine Bundestagskandidatur ist Grund genug, nochmal einen zu machen.

Damit der Post nicht in den Tiefen der Timeline verloren geht, lohnt es sich, ihn an das Profil anzuheften. Hier kommt auch eine Besonderheit des Fediverse zum Tragen: Da das Fediverse über viele Instanzen verteilt ist, ist nicht immer sichergestellt, dass jeder Post auf jeder Instanz bekannt ist. Einen Post anzuheften stellt sicher, dass der Post synchronisiert wird, wenn jemand das Profil öffnet.

Screenshot eines Menüs; der Eintrag "Im Profil anheften" ist hervorgehoben

Die Option Posts anzuheften findet sich im Menü des jeweiligen Posts.

Folgen und gefolgt werden

Mastodon hat keinen algorithmischen Feed. Das bedeutet, dass in der Home Timeline nur Posts von Accounts (oder Hashtags) angezeigt werden, denen man folgt, oder Posts, die von Accounts, denen man folgt, geboostet (geretweeted) wurden.

Damit Mastodon richtig Spaß macht, sollte man ein paar hundert Accounts folgen. Ein guter Anfang sind diese Starter Packs:

Gerade am Anfang gilt: Zögert nicht, neuen Accounts zu folgen, ihr könnt jederzeit wieder entfolgen. Der beste Weg um selbst Follower zu bekommen, ist Interaktion mit andern Accounts. Kein Algorithmus bedeutet auch, dass anderen eure Posts nur sehen, wenn sie euch folgen oder euer Post geboosted wird. Aber keine Sorge, sobald ihr ein paar Follower habt, wird das zum Selbstläufer.

Wenn ihr Bundestagskandidaten für Bündnis 90/Die Grünen seid, sagt mir Bescheid, wenn ich euch ins #TeamHabeck-Starter Pack aufnehmen kann. Ich helfe euch auch gerne mit einem #newbiebonus und booste euch so gut ich kann bis zur Bundestagswahl.

Unterschiede zu anderen Plattformen

Jedes soziale Netzwerk ist ein wenig anders, und um erfolgreich zu sein, hilft es, die Besonderheiten zu kennen.

Ohne Algorithmus ist man bei Mastodon auf seine Follower angewiesen. Die Community interagiert gerne und viel mit den Posts, aber das beruht auch auf Gegenseitigkeit:

Accounts, die nur passiv (oder sogar komplett automatisiert) Pressemitteilungen teilen, funktionieren auf Mastodon in den meisten Fällen eher schlecht. Gebt euren Followern das Gefühl, dass ihr sie seht. Interagiert mit euren Followern, reagiert auf Antworten.

Likes können auf Mastodon als Lesebestätigung verwendet werden, denn sie haben außer einer Benachrichtigung des Autors kaum Auswirkungen. Nutzt das.

Wenn ihr wollt, dass ein Post gesehen wird, dann boostet ihn. Auf Mastodon sieht man nur die Posts, die auf der eigenen Instanz bekannt sind. Das bedeutet, dass nicht alle eure Follower die gleichen Posts sehen. Das gilt auch für Antworten auf eure Posts: Wenn ihr denkt, dass eine Antwort lesenswert ist, dann boostet sie.

Hashtags sind ein wichtiges Werkzeug, um Posts auf Mastodon zu finden. Nutzt sie (in Maßen), um eure Posts besser auffindbar zu machen. Ihr könnt auch selbst Hashtags folgen.

Im Gegensatz zu anderen Social-Media-Plattformen werden Posts mit Links nicht bestraft. Es gibt keinen Grund, Links in einer Antwort zu verstecken oder sie nur als Text (ohne https://) einzufügen. Macht es euren Lesern so einfach wie möglich, den Link zu finden.

Inklusion wird bei Mastodon groß geschrieben. Viele Nutzer boosten Posts mit Bildern grundsätzlich nur, wenn das Bild einen Alt-Text hat. Macht es euch zur Gewohnheit, immer einen Alt-Text hinzuzufügen, und ihr mehr Interaktionen bekommen.

Tiefer eintauchen

Fortgeschrittene Features

Ihr könnt euren Account verifizieren, indem ihr in eurem Profil auf eure Webseite verlinkt und auf eurer Website einen Link zurück auf euer Mastodon-Profil setzt: <a href="https://your.instance/@you" rel="me">Mastodon</a>

Screenshot des Profils von @weddige@gruene.social

Verifizierte Links werden grün hervorgehoben.

Eine weitere Möglichkeit, wie eure Website und euer Account zusammenspielen können, ist die Verwendung des fediverse:creator. Wenn ihr den Meta-Tag <meta name="fediverse:creator" content="@[email protected]" /> in eurer Webseite einbindet und eure Webseite in den Einstellungen freigebt (Öffentliches Profil > Verifizierung > Verifizierung als Autor*in), wird automatisch auf euren Mastodon-Account verlinkt, wenn jemand einen Link zu eurer Webseite posted.

Screenshot einer Linkvorschau

Der Autor unter der Linkvorschau verweist auf meinen Account.

Aber wie bereits erwähnt, besteht das Fediverse nicht nur aus Mastodon. Eine andere (oder vielleicht besser: zusätzliche) Möglichkeit, am Fediverse teilzunehmen, ist das ActivityPub-Plugin für Wordpress. Damit können alle Fediverse-Nutzer deinem Blog folgen und sehen alle neuen Posts in ihrer Timeline.

Wenn ihr also sowieso schon Wordpress verwendet (z.B. weil ihr das Sunflower-Theme für Wordpress einsetzt), ist das eine einfache Möglichkeit, die Sichtbarkeit eurer Website zu erhöhen.

Social Media Management

Als Bundestagskandidaten werdet ihr wahrscheinlich Mastodon nicht exklusiv nutzen. Eine einfache Möglichkeit, mehrere Plattformen mit geringem Aufwand zu bespielen, ist der Einsatz von Crosspostern, die Posts von einer Plattform automatisch auf eine andere replizieren. Crossposter bringen jedoch einige Probleme mit sich: Es ist kaum möglich, auf plattformspezifische Eigenheiten einzugehen, da sich die erlaubte Nachrichtenlänge, typische Hashtags und natürlich die referenzierten Accounts unterscheiden. Zudem erweckt die Nutzung von Crosspostern den Eindruck, nicht wirklich involviert zu sein.

Eine bessere Lösung sind Social Media Management Tools, die es einfach machen, Posts für verschiedene Plattformen zu planen und teilweise auch Antworten auf den verschiedenen Plattformen gebündelt in einem Postfach zu bearbeiten. Gerade mit einem Social Media Team, bei dem mehrere Nutzer Zugriff auf die Accounts benötigen, können Social Media Management Tools eine große Hilfe sein.

Social Media Management Tools, die Mastodon unterstützen, sind z.B.

Erfolgsmessung

Die Architektur und der Datenschutzfokus von Mastodon machen es schwierig, Daten im gleichen Umfang wie auf anderen Plattformen zu sammeln. So werden beispielsweise Impressions gar nicht erfasst und es gibt auch keine Audience Insights, wie sie auf anderen Plattformen üblich sind.

Um Erfolg zu messen muss man auf Mastodon auf die Metriken zurückgreifen, die zur Verfügung stehen. Und das sind vor allem Likes, Boosts und Antworten. Aber auch hier ist wichtig zu beachten, dass sich die Werte nicht 1:1 mit den Werten auf anderen Plattformen vergleichen lassen. Generell lassen sich auf Mastodon vergleichsweise hohe Ineraktionsraten erzielen.

Die Metriken lassen sich teilweise von den verschiedenen Social Media Management Tools aggregieren. Alternativ gibt es mit MastoMetrics einen Dienst, der für alle Accounts funktioniert.

Wenn ihr (oder jemand anderes) Links zu eurer Website auf Mastodon postet, habt ihr zunächst keine Möglichkeit, die Besucher zuzuordnen. Mastodon unterdrückt standardmäßig, dass Browser einen Referer senden und selbst wenn der Referer mitgesendet wird, kommen die meisten Besucher nicht von eurer Mastodon-Instanz, sondern von hunderten verschiedenen Instanzen. Wenn ihr also die Auswirkungen eines Mastodon-Posts auf euren Web-Traffic messen wollt, müsst ihr zuordenbare URLs verwenden (z.B. durch Anhängen von utm_source=mastodon). Aber auch damit werdet ihr das Fediverse als Quelle untererfassen, da das nur für URLs funktioniert, die ihr selbst gepostet habt.

Ein unbeabsichtigter positiver Nebeneffekt der dezentralen Struktur von Mastodon für SEO ist, dass Suchmaschinen das Fediverse derzeit auch nicht zu einer Quelle aggregieren können und daher Links in Mastodon-Posts mehrfach zählen.

Weiterführende Ressourcen

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